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Eine Ode an das flüssige Element

Mensch bedenke, dass du Wasser bist und wieder zu Wasser wirst

Ein Gastbeitrag von Ruedi Bösiger

Zu rund zwei Dritteln bestehen wir aus diesem einzigartigen Element, das viele regeln der Chemie nicht beachtet und damit Wissenschafter seit Jahrhunderten ins Grübeln bringt. Diese rebellische Art macht es aus, das Wasser. Zum Beispiel, dass es sich beim Gefrieren ausdehnt. Dadurch konnte im Wasser, isoliert unter einer dicken Eisschicht, Leben auf der Erde, trotz mehreren Eiszeiten entstehen. Alle Wassermoleküle im Universum, auch jene in Ihrer Katze oder in ihnen selbst, existieren seit Millionen von Jahren. In verschiedensten Formen haben sie eine unglaubliche Reise hinter sich, wenn sie ihnen am Morgen übers Gesicht rinnen, im Spaghettitopf sprudeln, in Ihren Venen zirkulieren. Vielleicht ist eines der Moleküle in meinem Wasserglas einst von einem Dinosaurier ausgeschieden worden.

Wasser: in jedem Zustand faszinierend (Bild: Pezibear, Pixabay)

So sind wir mit dem Wasser und durch das Wasser verbunden, mit dem ganzen Kosmos. Lange haben wir gemeint nur auf der Erde gäbe es Wasser, das durch Kometen vom Rand unseres Sonnsystems gleichsam auf unseren Planeten katapultiert wurde. Tatsächlich ist H2O das zweithäufigste Molekül im Kosmos.

Eigentlich müsste Wasser gasförmig sein, bei den Druckverhältnissen und Temperaturen, die bei uns herrschen. Ist es aber nicht. Es fliesst über Felsen und Felder, formt Landschaften, transportiert Berge ins Meer, fliegt durch die Himmel, regnet auf uns nieder, rauscht durch Schluchten, strömt durch Ströme, kühlt und isoliert, löst alles auf, vernetzt und verdampft, kondensiert und fliesst wieder weiter. Es ist Leben und formt Lebensraum für X Millionen Arten, seit Jahrtausenden.

Flüsse: die blauen Adern unserer Natur (Bild: Alex Hu, Pixabay)

Dass es sich dabei an keine Regeln hält ist überlebenswichtig. Wassermoleküle überwinden die Schwerkraft. Weil sie sich so gerne haben, können sie sich in engen Kanälen, unseren Kapillaren zum Beispiel oder in jenen der Tomatenpflanze gleichsam gegenseitig aufwärtspuschen und gemeinsam gegen oben fliessen. Zu den Blättern, zu den Blüten, in unser Hirn. Nur dank dieser rebellischen Eigenschaft haben Sie genügend Sauerstoff und Nährstoffe, um diesen Blog zu lesen.

Was ist es, dass wir uns intuitiv zum Wasser hingezogen fühlen, in die Regenpfütze springen, die Seesicht suchen, Hand in Hand am Flussufer spazieren, dem Plätschern des Brunnes lauschen, ins kühle Nass eintauchen und dabei schwerelos werden? Sind es die Wassermoleküle die sich gegenseitig anziehen? Jene in uns und jene im Fluss. Die Verbundenheit mit dem Kosmos, der Tomate, dem Dinosaurier die das Wasser herstellt auf seiner ewigen Reise? Unser Wissen, dass Wasser Leben ist?

Was auch immer. Wir haben ihm viel zu verdanken diesem rebellischen Element. Unser Tal, unsere Nahrung, unser Leben. Wir sind selbst Teil dieses unfassbaren Elements. Darum let it flow - auch im Thurgau.

Eine magische Anziehung. (Bild: iqbal nuril anwar, Pixabay)